Am 31. Oktober 2024 öffnete PharmaKey.ch die Tore zum ersten interdisziplinären Dermatologie-Symposium im eleganten Radisson Blu Hotel am Flughafen Zürich. Die Teilnehmenden wurden in den modernen und ansprechenden Räumlichkeiten herzlich empfangen. Im ersten Teil der Veranstaltung führte Dr. Marc Otto mit viel Geschick durch die Vorträge und sorgte für einen reibungslosen Ablauf.
Rückblick auf das erste interdisziplinäre PharmaKey.ch Dermatologie-Symposium
Einblicke ins Vortragsprogramm
Ekzeme, Psoriasis und Kortison-Angst
Prof. Dr. Thomas M. Kündig, Klinikdirektor Universitätsspital Zürich, Klinik für Dermatologie, Zürich, präsentierte in seinem Vortrag beim Pharmakey 2024 Dermatologie-Symposium die Historie, Klassifikation und modernen Therapieansätze von Psoriasis und Ekzemen sowie die Herausforderungen der Kortisonangst. Psoriasis wird als chronisch-entzündliche Hauterkrankung beschrieben, deren Formen sich in Plaque-Psoriasis (Psoriasis vulgaris), Psoriasis Guttata, Psoriasis Inversa und pustulöse Varianten unterteilen. Neben physischen Symptomen wie Hautschuppen und Juckreiz leiden Patienten häufig unter sozialer Stigmatisierung und psychischen Belastungen. Studien zeigen zudem ein erhöhtes Risiko für Begleiterkrankungen wie Psoriasis-Arthritis (in 4 bis 33 % der Fälle), kardiovaskuläre Erkrankungen und Depressionen. Prof. Kündig zeigt auf, dass im Unterschied zur rheumatoiden Arthritis die Psoriasis-Arthritis an den Enthesen der Gelenke startet - auch beim Nagelansatz. So korreliere ein starker Nagelbefall mit dem Gelenkbefall. Bezüglich der Depressionen macht der Referent darauf aufmerksam, dass sämtliche entzündlichen Erkrankungen mit Depressionen verbunden sind. So zeige sich, dass Medikamente, die die Cytokine blockieren, auch schnell eine Depression verbessern, meist noch bevor die Hautbeschwerden verschwunden sind. Kortisonangst stellt ein zentrales Problem in der Therapie dar.. Patienten fürchten Nebenwirkungen von topischen Kortikosteroiden (z. B. Hautatrophie, Hautinfektionen), was zur Unterdosierung führen kann. Moderne Kortikosteroide wie Mometason haben jedoch ein verbessertes Nebenwirkungsprofil und verhindern oft, dass invasivere Therapieansätze nötig werden. Diese Erkenntnisse und Entwicklungen im Bereich der entzündlichen Hauterkrankungen zeigen, wie wichtig ein auf Immunologie basierender Therapieansatz für die verbesserte Patientensicherheit und -versorgung ist.
Scabies und STI
Dr. med. Maya Wolfensperger und die Apothekerin Natalia Blarer Gnehm referierten beim interdisziplinären Dermatologie-Symposium 2024 über die zunehmenden Skabies-Ausbrüche in der Schweiz. Sie thematisierten die Herausforderungen bei der Behandlung von Skabies. Die aktuellen Behandlungsrichtlinien in der Schweiz sehen eine kombinierte Behandlung von Permethrin 5% lokal und Ivermectin oral vor. Die Behandlung muss nach 7 bis 10 Tagen wiederholt werden. Sämtliche Kontaktpersonen wie Familienmitglieder, Personen in der Asylunterkunft, Mitbewohner etc. sind ebenfalls zu behandeln. Diese Behandlung muss zeitgleich gestartet werden und ebenfalls nach 7 bis 10 Tagen wiederholt werden. Ansonsten ist mit einem Ping-Pong-Effekt zu rechnen. Da Krätzmilben ohne Kontakt zum Menschen 4 Tage überleben können, ist auch die gesamte Umgebung wie Sofa, Betten, Kinderwagen, Autositze etc. angemessen zu reinigen. Ivermectin wirkt scabizid, tötet jedoch die Eier nicht ab. Daher ist eine Wiederholung zwingend notwendig. Von der OKP wird nur die Magistralrezeptur vergütet. In den Apotheken können Kapseln oder Suspensionen hergestellt werden. Als alternative topische Behandlungsmöglichkeiten wurden Benzylbenzoat und Crotamiton vorgestellt. Die Referentinnen erläuterten die klinischen Aspekte von Skabies, wobei die Primäreffloreszenz durch Seropapeln und Milbengänge gekennzeichnet ist. Sekundärexantheme entstehen als Folge der Sensibilisierung auf Milbenantigene. Da es zunächst zu dieser Sensibilisierung kommen muss, dauert es nach dem Erstkontakt 3 bis 6 Wochen bis sich Beschwerden zeigen. Die Wichtigkeit einer frühzeitigen Behandlung, um die hoch ansteckende Hauterkrankung einzudämmen, wird betont. Nach einer Infektion besteht keine Immunität, was bedeutet, dass Reinfektionen jederzeit möglich sind und die Symptome aufgrund früherer Sensibilisierung schnell auftreten können. Der erste Teil des Vortrages schloss mit einer aktiven Fragerunde, in der weitere Aspekte der Therapie und Prävention erörtert wurden. Im zweiten Teil des Vortrags thematisierte Dr. med. Maya Wolfensperger sexuell übertragbare Infektionen (STI) mit einem besonderen Fokus auf humane Papillomaviren (HPV). Etwa 60 % der Bevölkerung haben Antikörper gegen HPV, was auf eine vorherige Infektion hinweist. 1 bis 2 % der sexuell aktiven Bevölkerung zeigen sichtbare Feigwarzen. Fünf Jahre nach Beginn der sexuellen Aktivität sind schätzungsweise 70 % aller Frauen mit mindestens einem anogenitalen HPV-Typ infiziert. Zur Prophylaxe wird der HPV-Impfstoff Gardasil 9® empfohlen, der gegen die Typen 6, 11, 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58 schützt und einen Schutz von etwa 91% bietet. Dieser Impfstoff ist seit 2016 in der Schweiz zugelassen und wird seit März 2024 als Basisimpfung für 11- bis 14-jährige Mädchen und Jungen in einem 2-Dosen-Schema empfohlen. Für Nachholimpfungen bei 15- bis 19-Jährigen wird ein 3-Dosen-Schema verwendet. Bei der Therapie ging Dr. med. Maya Wolfensperger insbesondere auf die Behandlung mit Imiquimod-Creme (Aldara 5%) ein. Sie betonte die Wichtigkeit der 3-mal wöchentlichen Anwendung über 12 bis 16 Wochen, wobei die Anwendung abends zu erfolgen hat und die Einwirkzeit 8 Stunden betragen sollte. Unter der Anwendung muss es zu einer stark nässenden Lokalreaktion kommen. Im Verlauf des Vortrags wurden Fragen zur hohen Rezidivrate von HPV erörtert, die durch die Persistenz in subklinischen Arealen bedingt ist. Gardasil zeigt auch bei HIV-positiven Patienten eine Wirksamkeit, da der Impfstoff aus nicht infektiösen virusähnlichen Partikeln besteht. Zudem wurde erläutert, dass Imiquimod auch bei immunsupprimierten Patienten angewendet werden kann, da es über die Aktivierung des humoralen Immunsystems wirkt.
Nach den beiden spannenden Vorträgen und lebhaften Diskussionen waren alle Teilnehmenden herzlich zum Apéro eingeladen. Die Aussteller Biomed AG, LOUIS WIDMER AG, Merz Pharma (Schweiz) AG und sanofi-aventis (Schweiz) AG konnten sich über angeregte Gespräche mit den Anwesenden freuen. Das exquisite Buffet und die angenehme Atmosphäre luden zu anregenden Gesprächen mit den Ausstellern, Referenten:innen und Kollegen:innen ein. Nach der ausgiebigen Pause hatte Frau Raffaela Pitzurra die Freude, alle Teilnehmernden zum Schlussvortrag willkommen zu heissen.
(Konsil-)Dermatologie im Bereich akuter und chronischer dermatologischer Erkrankungen in der virtuellen Hausarztpraxis des Telemedizinzentrums santé24
Dr. Lars Koschorreck, Teamarzt bei santé24, erläuterte die Struktur und Arbeitsweise von santé24, dem telemedizinischen Dienst der Schweizer Krankenkasse SWICA. Das interdisziplinäre Team, bestehend aus über 150 Mitarbeitenden wie z. B. Ärzten, Gesundheitsberatern, Psychologen und Psychiatern, betreut täglich rund 1’000 telefonische Anfragen von SWICA-Versicherten und bietet rund um die Uhr Zugang zu medizinischer Beratung in Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch. Ein zentraler Aspekt der telemedizinischen Praxis bei santé24 ist die Einhaltung hoher Standards im Bereich Datenschutz und Qualitätssicherung. Santé24 ist von der Gesundheitsdirektion Zürich als ambulante medizinische Institution anerkannt und unterliegt damit den gleichen Vorschriften bezüglich Patientensicherheit, Datensicherheit und -schutz wie Präsenzpraxen. Dokumentationen der Konsultationen werden umfassend und nachvollziehbar geführt, und die Ärzte sind befugt, Verschreibungen, Arbeitsunfähigkeitszeugnisse und Überweisungen auszustellen. Hierfür werden strukturierte Protokolle und spezifische telemedizinische Leitlinien (TELLs) für verschiedene Fachgebiete, einschliesslich Dermatologie, angewendet. Besonders bei dermatologischen Anfragen wird grosser Wert auf hochwertiges Bildmaterial gelegt, da klare Fotos für die Diagnostik essenziell sind. Dafür werden genaue Anweisungen zur Bildaufnahme gegeben. Ein besonderes Augenmerk gilt der Datensicherheit: Der Versand von Fotos und Personendaten muss verschlüsselt erfolgen, um den Schutz sensibler Informationen zu gewährleisten. Dies erfolgt über ein spezielles Gerät, das SWICA-Versicherte erwerben können, oder über eine spezielle App. Koschorreck betonte, dass teledermatologische Behandlungen bei santé24 in über 75 % der Fälle effektiv und ausreichend sind. Für die Beurteilung pigmentierter Hautveränderungen bleibt jedoch eine physische Untersuchung notwendig. Der Vortrag schliesst mit der Perspektive, dass Telemedizin – insbesondere im Bereich Dermatologie – eine zunehmende Rolle im Gesundheitswesen spielen wird und bei sorgfältiger Umsetzung wertvolle Unterstützung für Patienten bieten kann.
Mit einem wertvollen Fundus an neuem Wissen für den Berufsalltag machten sich die Teilnehmer:innen schliesslich auf den Heimweg. PharmaKey.ch blickt auf eine rundum gelungene Premiere zurück, die nicht nur inspirierende Vorträge, sondern auch anregende Diskussionen und wertvolle Kontakte bot.
Herzliches Dankeschön an die Aussteller
Biomed AG | LOUIS WIDMER AG | Merz Pharma (Schweiz) AG | Permamed AG | sanofi-aventis (schweiz) ag