Immer im Herbst lädt PharmaKey.ch die Apotheker:innen zum beliebten Refresher-Symposium in Olten ein. Bei strömendem Regen traf man sich am 5. September am frühen Feierabend über den Dächern der Altstadt von Olten, nur wenige Gehminuten vom Bahnhof entfernt, in der Rooftop-Bar Sisième des Hotels Astoria. Beide Refresher Programme wurden dieses Jahr live durchgeführt. So fanden sich die Teilnehmer:innen in zwei Kursräumen ein, in denen das von ihnen gewählte Programm (Anamnese oder Impfen) präsentiert worden ist.

Rückblick auf erfolgreiche PharmaKey.ch Refresher-Symposien
Einblicke Vortragsprogramm Impf-Refresher
"Emerging infections" – Infektionen, deren Inzidenz/geographische Verbreitung zunehmen
Das Impf-Refresher-Programm eröffnete dieses Jahr Frau PD Dr. med. Alexia Anagnostopoulos, vom Zentrum Reisemedizin Zürich, mit dem Vortrag "Update Arbovirosen". Beginnend mit der Einführung in die Begrifflichkeiten von "one health" zeigte Anagnostopoulos ausführlich die Auswirkungen von "emerging infections" auf die "one health" Situation auf. Anhand der drei Beispielen – Dengue, Chikungunya, FSME – veranschaulicht Anagnostopoulos "emerging infections" in Europa. Eine wichtige Empfehlung an Reiserückkehrer aus Risikogebieten sind:
- Bei Dengue-Symptomen niederschwellige medizinische Abklärung
- Während mindestens 2 Wochen nach Rückkehr konsequenter Mückenschutz!
Vor allem die Anwendung von Mückensprays nach der Rückkehr hat eine wichtige Bedeutung, damit allenfalls vorhandene Viren von hiesigen Mücken nicht aufgenommen und so die Krankheit weiter verbreitet wird. Bei der Übertragung des FSME-Virus ist es wichtig zu wissen, dass das Virus in den Speicheldrüsen der Zecke sitzt. Dies bedeutet, dass eine sehr schnelle Übertragung des Virus durch einen Zeckenstich erfolgt. Im Gegensatz dazu muss bei der Borreliose der Erreger zunächst aus dem Magen der Zecke hervorgeholt werden, bevor eine Übertragung stattfinden kann. Der Vortrag wurde mit den Ausführungen zu den drei Säulen abgeschlossen, die eine „emerging infection“ erst möglich machen: Vektor, Mensch und Umwelt. Besondere Sorgen bereitet hier die Ausbreitung invasiver Mücken.
RS-Virus ein jährlich wiederkehrendes Thema in der Herbst-/Wintersaison
Schlagzeilen wie “RS-Virus bereite dem Zürcher Kinderspital Sorgen” oder “Zahl der Lungenentzündungen steigt stark an” haben stark verunsichert. Nach einem kurzen Ausflug in die Epidemiologie bildete die Pathogenese die Grundlage des spannenden Vortrags von PD Dr. med. Patrick M. Meyer Sauteur, PhD, Oberarzt mbF Infektiologie und Spitalhygiene, am Universitäts-Kinderspital Zürich. Anhand von Video- und Bildmaterial konnte Dr. Meyer Sauteur zeigen, wie sich eine Pneumonie zeigt. Zwei Drittel der vom RS-Virus betroffenen Kinder müssen hospitalisiert werden, das sind in der Schweiz ca. 3000 Kinder. Es existieren keine spezifischen (antiviralen) Therapien. Eine Möglichkeit, die sich deshalb anbietet, ist die passive Immunisierung des Kindes, mittels Nestschutz durch die Mutter. Die Teilnehmer profitierten von Dr. Meyer Sauteurs umfassenden Ausführungen zu verschiedenen Impfungen, Impfstoffen und den zukünftigen Entwicklungen. Seit dem 1. September 2024 ist Nirsevimab auf der Spezialitätenliste aufgeführt. Dr. Meyer Sauteur erklärte ausführlich das Consensus Statement der Expertengruppe sowie die Empfehlungen und Vorgehensweisen zur Anwendung der Impfung. Zusammenfassend stehen wir am Beginn einer neuen Ära der RSV-Prophylaxe und erleben signifikante Veränderungen in der RSV-Epidemiologie.
Impfplan Neuigkeiten und Wichtiges 2024
Dr. med. Svend Capol, Facharzt AIM, Senior Consultant Impfsprechstunde am Zuger Kantonsspital zeigt in seinem Vortrag die aktuelle Situation und die Neuerungen im Impfplan 2024 und fokussiert sich dabei auf Pneumokokken, Meningokokken, HPV, Rotavirus, FSME und COVID-19. Dr. med. Capol besprach in seinem Vortrag wichtige Themen wie Fokusgruppen und Lieferengpässe, sowie die goldenen Regeln des Impfens und das Impfgespräch selbst. Ein umfassendes Wissen über Impfrisiken, risikobasierte Entscheidungen und impfverhinderbare Krankheiten kann dabei im Impfgespräch eine wertvolle Unterstützung bieten. Neu im Impfplan 2024:
- Impfung gegen Rotaviren von allen Säuglingen
- Ergänzende Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe B
- Ergänzende Impfung gegen Meningokokken der Serogruppen ACWY
- Impfempfehlung gegen HPV für Jungen und junge Männer
- Ergänzende Impfempfehlung gegen Pneumokokken
Die Herausforderung der Lieferengpässe betrifft auch die Impfstoffe. Dr. Svend Capol erklärte, wo Informationen über fehlende Impfstoffe zu finden sind, wie Alternativen gefunden werden können. Ein zentraler Grundsatz beim Impfen lautet: Jede Impfung zählt. Es ist jedoch wichtig, die empfohlenen Impfabstände einzuhalten. Mit wichtigen und wertvollen Tipps für ein erfolgreiches Impfgespräch eröffnete Dr. Capol die Diskussionsrunde und übergab danach für das Schlusswort an Frau Raffaela Pitzurra.
Einblicke Vortragsprogramm Anamnese-Refresher
Praktisches rund um ORL-Infektionen und -Notfälle
Dr. med. Lorenz Epprecht, Oberarzt, Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie, Universitätsspital Zürich führte in seinem Vortrag durch die Anamnese und Untersuchung von häufigen Ohrenerkrankungen in der Apotheke. Er zeigte dabei, wie man mit Tools wie der Abfrage der “5 S” (Schmerzen, Schwindel, Schwerhörigkeit, Sekret, Sausen), der Inspektion und Palpation des Ohres, ggf. der Otoskopie und den Stimmgabeltests zu einer Einschätzung kommt, um was es sich handeln könnte und wie dringlich ein Kunde behandelt und/oder weiter abgeklärt werden muss. Besonders spannend waren die Fälle, die er diskutierte und – wo sinnvoll – mit otoskopischen Bildern illustrierte.
Augenentzündungen in der Apotheke
Dr. med. Branger, Oberarzt an der Augenklinik LUKS, Luzern beleuchtete in seinem Vortrag die unterschiedlichsten Augenerkrankungen in der Apotheke und zeigte sehr übersichtlich auf, bei welchen Red Flags eine Überweisung an den Arzt resp. auf den Notfall notwendig ist.
Kopfschmerzen-Migräne in der Apotheke
Dr. med. Reto Agosti, Facharzt für Neurologie FMH, Chefarzt und Leiter Kopfwehzentrum Hirslanden und Neurologica GmbH widmete sich in seinem Vortrag dem Kopfschmerz im Allgemeinen und Migräne im Speziellen. Neben einem Schnelltest zur Erkennung von Migränekopfschmerz besprach Dr. Agosti verschiedene andere Kopfschmerzformen, wie den lagerungsabhängigen Kopfschmerz. Er betonte, wie wichtig die richtige Behandlung der Migräneattacken, insbesondere mit Triptanen ist. Ab einer gewissen Häufigkeit ist eine Prophylaxe angezeigt. Hier hat sich mit den CGRP-Antikörper und Botolinum-Toxin-A ein neues Feld aufgetan. Dr. Agosti besprach dessen Möglichkeiten und Limitationes.
Mit neuem Know-How zurück in den Apothekenalltag
Der inspirierende Fortbildungsabend des PharmaKey.ch Refresher-Symposium wurde wurde kulinarisch mit erfrischenden fruchtigen Cocktails und Häppchen abgerundet.